26.09.2018

SCHWEIZ - GRIMSELPASS UND FURKAPASS

 

Im deutschen Klettern (05/2016) habe ich durch Zufall ein paar Seiten mit Tipps für schöne Routen in Gebieten der Schweiz um die Pässe Grimsel (2165 m) und Furka (2436 m) gesehen. Nach den Fotos vollkommen wie Yosemite, Zustiege von 30 min bis 2 Stunden, die Schwierigkeit genau richtig, Roten von 250 m bis 500 m, angeblich ordentlich gesichert... einfach auf den ersten Blick ein Traum für einen ehemaligen Kletterer.In diesem Jahr hat bei einer Aktion in den Bergen das Wetter nicht gepasst, und so erschien es wie ein kleines Wunder, dass es für den Grimsel gerade eine solide Vorhersage (12–15 Grad, halb bedeckt) gab. Operativ zielen wir also in die Umgebung von Furkapas und Grimselpass, dort es etwas zu erforschen.

 

  • Strecke: Liberec – München – Lindau - Bregenz (AT) – Chur (CH) – Oberalppass –Andermatt – Furkapass – Grimselpass. Über Bregenz in Österreich ist es ein kurzes Stückchen, so dass wir keine Autobahnvignette für Österreich kaufen und für die 50 Kilometer in der Schweiz von der österreichisch-schweizerischen Grenze bis nach Chur macht es auch keinen Sinn – es lässt sich bequem an der Autobahn entlang fahren, und zusätzlich muss man ab Chur sowieso über Landstraßen fahren. Von Andermatt zielen wir direkt über Furka und Grimsel in das Gebiet Gerstenegg.

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Die erste Bekanntmachung mit dem örtlichen Granit erfolgt unter dem Stausee Räterichsbodensee, ungefähr 5 km unter dem Grimselpass (in Richtung Meiringen).

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Gerstenegg unter dem Grimselpass, Stausee Räterichsbodensee 

Wir parken unter dem Damm, im Auto kann man dort schlafen, ohne Komplikationen. Es ist ein Tal, das durch lang gestreckte Platten eingegrenzt wird, von Spaziergängen in der Vier bis zu ultra Massakern in einer senkrechten glatten Wand mit der scheinbar absoluten Abwesenheit von allem, was irgendwie kletterbar wäre. Wir haben es leicht angehen lassen – es ist schon nachmittags, zusätzlich nach einem Regen und wir möchten hauptsächlich das Material testen. also Foxie für eine kinderleichte 4b, 250 m Platte entlang einer langen Ecke, ungefähr 10 Längen, vom Parkplatz nur 15 Minuten Fußweg.

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Massiv Gerstenegg – Routen Foxie, La Strada 

Den Einheimischen nach ist es wirklich so eine Bekanntmachung, sie ist oft besetzt, wir gehen direkt nach dem Regen, so dass in der Route nur zwei Pärchen sind. Schöne Platten, ordentlich mit Bohrhaken versehen, teilweise schon zu viel für meinen Geschmack, es reicht, nur jeden zweiten einzuhaken, eine eigene Sicherung benötigen wir nicht. Die Reibung des Materials ist ausgezeichnet, die Landschaft super, der erste Eindruck vom Gebiet mehr als positiv.

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Die erste Länge der Foxie, alles gut in den Platten und Ecken

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Eine schöne Länge nach der anderen, keine Komplikationen, ein erfüllter schweizerischer Traum :)Nach Unten wird abgegangen oder abgeseilt. Ich würde den Abstieg empfehlen, keine Stunde zurück zum Auto. Das Abseilen über die Platten war echt steil und der Abstieg ist wirklich bequem und schnell.

13958Abseilen von der Foxie – geht besser runter 

Ein weiteres Stück lohnt sich zu betasten, ein wirkliches Erlebnisklettern, ist die wundervolle Wand- und Plattenroute La Strada (5b, 370 m), im Massiv rechts von der Foxie, der Einstieg dauert nur ein paar Minuten länger als bei der Foxie. Die ersten paar Längen sind in einem senkrechteren Gelände, ein Sockel nach dem anderen, ein Riss hört auf und ich greife gleich den nächsten, Schrauben genau richtig, stellenweise würde ich mich gegensichern, aber ich beherrsche mich und bis zum Gipfel ist es nicht notwendig sich abzusichern. Bis auf Ausnahmen ist dann die Route schon ebener, aber auch schön vielfältig – Platten, Wände. Weiterhin mit schöner Aussicht in das Tal unter uns und die wunderschön verschneiten Dreitausender darüber. Einfach eine wunderschöne Berglandschaft. Der Abstieg ist einfach: zu Fuß den Steinmännern ungefähr 1-1,5 Stunden nach zurück auf den Parkplatz unter dem Staudamm.

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Die erste Länge der La Strada, ein Sockel nach dem anderen. wunderbar 

Auf dem gelegenen Massiv, rechts unten unter der La Strada, gibt es ein weiteres spitzenmäßiges Stück. Hier erreichst du schon diesen echten Platten-Orgasmus.Der fliegende Teppich; 5b, 320 m, Zustieg ungefähr eine halbe Stunde, Rückkehr zu Fuß ebenso.

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Fliegender Teppich – eine zutreffende Bezeichnung für diese schön gewellten Platten

Sie werden oft zusammen geklettert– es wird mit dem „Teppich“ begonnen und an dessen Ende geht man noch 5 min zum Einstieg der La Strada. Der „Teppich“ ist wirklich ein ausgezeichneter Platten-Leckerbissen.

13961Fliegender Teppich – Platten Platten Platten

Nach ein paar Tagen haben wir hier verstanden, dass die örtliche Klasse sehr spezifisch ist: Wände, Ecken und Risse entsprechen insgesamt der angeführten Schwierigkeit, aber die Platte erscheinen uns mindestens um eine Stufe unterbewertet, ich denke sehr hart klassifiziert. Eine 5b an einer örtlichen Platte ist für uns an der Grenze, und da haben wir gedacht, dass wir in den Platten insgesamt ganz gut sind. Hier müssen wir aber alles „verkaufen“, was wir von uns aus dem Isergebirge können, sowohl moralisch, als auch technisch. An ein paar Stellen des „Teppichs“ müssen wir uns echt anstrengen und gerade so, dass wir es schaffen.
13962Teppich – einfach einatmen und weiter
Es ist aber eine wunderschöne Route, die das Durchklettern wert ist. Es wird immer über reinen Granit geklettert, eine Gefahr droht dort nicht, klettermäßig hält man daran wie festgeklebt, ein eventueller Fall würde eher durch Verwirrung, irgendeinen Blödsinn erfolgen, die Sicherung ist gerade richtig, eine gefährliche Situation droht bestimmt nicht. Den FliegendenTeppich empfehle ich ehrlich! 13963Mittlere Passage des Teppichs – klettertechnisch hält es wie angenagelt, also meistens :) Die Übergänge sind teilweise etwas schärfer, aber immer ist es ein sicheres Klettern.
Ein paar Kilometer weiter unten im Tal ist eine weitere spitzenmäßige Wand – die Mittagsfluh. Ihr findet sie zwischen Handeck und dem Dorf Guttannen. In Richtung Tal ist sie von der Straße aus rechts zu sehen, sie beginnt den ganzen Kamm. Es kann direkt an der Straße geparkt werden, von wo es über den Pfad direkt zur Wand ca. 30 min sind. Routen 300–350 m, zwischen 5a–6b, eine sehr ähnlich wie die andere, die einfachste Route Südkante eine 5a, alles gut greifbar.

13964Mittagsfluh – 30 Minuten von der Straße, zur Auswahl fünf schöne Routen, Fünfer und Sechser

Hinsichtlich zur Nähe der Straße ist sie eine ziemlich frequentierte Mauer, hauptsächlich die Südkante ist ziemlich belegt, so dass wir empfehlen, hierhin eher an einem Werktag aufzubrechen. Der Charakter des Materials ist schon anders – Wandkletterei, am meisten hat es uns an die Hohe Tatra á la Štáflovka oder den Ostpfeiler auf den Volovka, die Wand Hokejky oder die Kuttova am Batizák erinnert, nur kompakter und länger.Die Sicherung ist hier schon sparsamer, aber nach wie vor ordentlich, 3-4 Schrauben auf eine Länge, manchmal haben wir uns zusätzlich gesichert. Die Menge Menschen in der Wand um uns, zusätzlich noch viele Anfänger zum ersten Mal in etwas längeren Routen, mir war es nicht angenehm, ich habe klar einen abstürzenden Stein bei irgendeinem längeren Übergang vor mir gesehen und esfiel mir nicht leicht. Die Kletterei war aber super, eine Wand wie verrückt, lang, luftig, sehr schön. Der Abstieg durch Abseilen– was eine ziemliche Plackerei ist, hinsichtlich zur Frequenz des Betriebs, zusätzlich ich einer zerklüfteten Wand mit vielen Spitzen und Einkerbungen, in denen sich das Seil verfangen kann - einem Schweizer mussten wir das Seil abmachen - na ja, ich war froh, als wir zurück am Einstieg waren.

Und wenn man sich vom Klettern erholen möchte, kann man zu einer Erkundung in den Untergrund des Kraftwerks aufbrechen –Treffpunkt ist direkt am Parkplatz unter dem Staudammdes Räterichsbodensees, oder ihr könnt euch mit der steilsten Standseilbahn in Europa von Handeck zum Stausee Gelmersee bringen lassen und mit einem angenehmen Spaziergang wieder nach unten gehen. Aber das ist noch nicht alles. Insgesamt gibt es hier auf ein paar Kilometern eine überwältigende Menge an Möglichkeiten, sowohl zum Klettern, als auch als Trekking.

13965Der Gratweg auf die Siedelenhütte über dem Furkapass

Zusätzlich eine super Infrastruktur für Besucher von Zügen, über Autobusse, die Wanderer, Kletterer sowie Radfahrer zurück zu den Parkplätzen oder die Städte fahren, die Schweizer haben das einfach durchdacht. Eine Fülle an Kletter- und Trekkingmöglichkeiten bietet der Furkapass (2436 m, von Grimsel in Richtung Andermatt, mit dem Auto eine halbe Stunde), von hier eine bequeme Stunde zur Hütte Siedelenhütte (2708 m). Die Erhöhung ist nur ein paar hundert Meter, eine Stunde Spaziergang durch ein schönes Tal und du bist in einer wunderschönen Senke mit vielen attraktiven Kletterzielen - vom Hanibalturm (5c/6a), über das Grosse oder Kleine Kamel – herrlich Türme im Kamm, auf beide führen 6a Routen, bis zur nächsten 6a auf den Galengrat, der Bestandteil des Hauptkamms um die Senke herum ist.

13966Kamm mit den „Kamelen“ (Kleines Kamel und Grosses Kamel)

Diesen krönt der Gipfel Galenstock (3586 m), auf den sich unter anderem entlang des Rhone-Gletschers vom Hotel Belveder aufsteigen lässt (direkt bei der Straße unter dem Furkapass). In der Umgebung der Hütte Siedelenhütte findet ihr auch einen Klettergarten für das Testen des Materials, oder einfach, wenn keine Lust besteht, sich in eine größere Aktion zu stürzen. Die Auswahl an Routen, Gipfeln und Kämmen ist wie im Supermarkt, einfach ein kompletter Großhandel mit Granit!

 

Selbstverständlich wollten wir bei einer solchen Aktion auch einige der Neuheiten von DIRECTALPINE für den Herbst / Winter 2016 testen, bisher streng geheim, aber in ein paar Wochen werdet ihr sie schon in unseren Geschäften sehen:

 

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 Neues funktionelles ....Kleinod....JORASSES

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Und wir haben auch neue Cargohosen ausprobiert (endlich!!!) – aufbauend auf Mountainer = Mountainer Cargo

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Und wenn wir schon beim Testen waren, mussten wir in Andermatt das traditionelle schweizerische Käsefondue probieren - trotz des starken Durchzugs im Portemonnaie lohnte es sich wirklich :)

Einige Topos siehe Artikel in der Zeitschrift Klettern 05/2016, nach dem es grob klettern lässt, waren für und die Basisinformation. Weiterhin der Führer Schweiz Plaisir Ost (Sandro von Känel, ca. 50 CHF), eventuell West (in Grimsel überschneiden sich diese Gebiete), und gut ist wohl auch der neue Dreams of Switzerland(Claude und Yves Remy, 160 Seiten, 29 € / 35 CHF).

 

Bestimmt kommen noch weitere Fotos und Informationen, mit der Zeit, bis es wieder ausgearbeitet, überprüft, überflogen und angepasst ist. Ihr könnt euch auf etwas freuen. Und zwischendurch könnt ihr auf jeden Fall nach Grimsel fahren. Ihr werdet es bestimmt nicht bereuen!

 

Ondra (Directalpine) & Vašek Lábus.

 

 

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